Briefkurs Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Aval Nächster Begriff: Backwardation

Ein Preis, zu dem ein Händler oder eine Bank Wertpapiere oder Devisen verkauft, der in der Regel über dem Geldkurs liegt, um die Handelsspanne zu sichern

Briefkurs ist ein zentraler Begriff im börslichen und außerbörslichen Handel mit Finanzinstrumenten und bezeichnet den niedrigsten Preis, zu dem ein Marktteilnehmer bereit ist, ein Wertpapier oder ein anderes Finanzinstrument zu verkaufen. Er bildet zusammen mit dem Geldkurs (dem höchsten Preis, zu dem ein Käufer bereit ist zu kaufen) die sogenannte Geld-Brief-Spanne (auch Spread genannt), die ein Maß für die Liquidität und Effizienz eines Marktes darstellt.

Definition und Bedeutung

Der Briefkurs ist der Angebotspreis eines Verkäufers für ein Finanzinstrument, zu dem er bereit ist, ein Geschäft abzuschließen. Er stellt somit die Angebotsseite des Marktes dar und ist der Preis, zu dem ein Käufer das Wertpapier aktuell erwerben kann.

Aus Sicht des Käufers ist der Briefkurs der aktuelle Kaufpreis. Für eine Marktorder, bei der ein Anleger ein Wertpapier „sofort“ kaufen möchte, erfolgt der Erwerb zum aktuellen Briefkurs.

Der Briefkurs ist stets höher als der Geldkurs, da Verkäufer in der Regel einen höheren Preis verlangen, als Käufer zu zahlen bereit sind. Der Unterschied ergibt sich aus den unterschiedlichen Interessen der Marktteilnehmer und stellt im Handel für Marktakteure wie Broker und Market Maker eine Gewinnmarge dar.

Geld- und Briefkurs im Zusammenhang

Der Briefkurs allein hat nur begrenzte Aussagekraft. Erst im Zusammenspiel mit dem Geldkurs ergibt sich ein vollständiges Bild der Marktverhältnisse. Das folgende Beispiel verdeutlicht die Zusammenhänge:

Kursart Preis (in €) Bedeutung
Geldkurs 99,50 Höchstgebot eines Käufers
Briefkurs 100,00 Niedrigstes Verkaufsangebot
Spread 0,50 Differenz zwischen An- und Verkauf

Die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs beträgt in diesem Beispiel 0,50 Euro. Diese Spanne kann je nach Markt, Liquidität des Wertpapiers und Handelszeit variieren. In liquiden Märkten mit hohem Handelsvolumen ist die Spanne in der Regel geringer.

Preisbildung und Veröffentlichung

Die Geld- und Briefkurse werden in Echtzeit durch Angebot und Nachfrage im Orderbuch der Börsen oder von Market Makern im außerbörslichen Handel gebildet. Dabei werden sämtliche Kauf- und Verkaufsorders nach Preis und Zeitpunkt geordnet. Der beste Briefkurs ergibt sich aus dem niedrigsten Verkaufsangebot.

In elektronischen Handelssystemen wie Xetra (Deutsche Börse) oder Euronext werden die aktuellen Geld- und Briefkurse kontinuierlich aktualisiert und öffentlich angezeigt. Dies ermöglicht eine hohe Transparenz und erleichtert Marktteilnehmern die Entscheidung über Kauf und Verkauf.

Briefkurs im börslichen und außerbörslichen Handel

Der Briefkurs spielt sowohl an Börsen als auch im außerbörslichen Direkthandel (OTC) eine bedeutende Rolle.

  1. Börslicher Handel:
    In geregelten Märkten wird der Briefkurs durch die Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage bestimmt. Er ist in Kombination mit dem Geldkurs Grundlage für die Ausführung von Handelsaufträgen, insbesondere bei Market Orders.

  2. Außerbörslicher Handel:
    Im Direkthandel stellen Market Maker (z. B. Banken oder spezialisierte Handelsplattformen) laufend Geld- und Briefkurse für verschiedene Instrumente zur Verfügung. Hier erfolgt die Kursstellung auf Basis eigener Kalkulationen, was zu leicht abweichenden Briefkursen im Vergleich zum Börsenhandel führen kann.

Einflussfaktoren auf den Briefkurs

Der Briefkurs unterliegt verschiedenen Einflussfaktoren, die im Zusammenspiel mit der Marktlage und den Eigenschaften des gehandelten Wertpapiers zu Preisveränderungen führen können:

  1. Liquidität des Marktes:
    In stark frequentierten Märkten mit hoher Handelsaktivität sind die Briefkurse meist näher am Geldkurs, da der Wettbewerb zwischen Verkäufern größer ist.

  2. Nachfrageverhalten:
    Bei hoher Nachfrage nach einem Wertpapier steigt tendenziell der Briefkurs, da Verkäufer höhere Preise verlangen können.

  3. Marktvolatilität:
    In volatilen Märkten vergrößert sich oft der Spread zwischen Geld- und Briefkurs, da Verkäufer ein höheres Risiko absichern wollen.

  4. Informationsasymmetrie:
    Händler mit Informationsvorsprung könnten höhere Briefkurse stellen, um potenzielle Verluste durch schlechter informierte Käufer zu vermeiden.

  5. Handelszeit:
    Außerhalb der Hauptmarktzeiten sind die Briefkurse häufig weniger wettbewerbsfähig, da weniger Liquidität vorhanden ist.

Rolle im Handel

Der Briefkurs hat im praktischen Handel mehrere wichtige Funktionen:

  • Ausführung von Kaufaufträgen:
    Eine Market Order zum Kauf wird zum aktuellen Briefkurs ausgeführt.

  • Indikator für Kaufpreise:
    Der Briefkurs stellt den Einstiegspreis für Investoren dar, die ein Wertpapier erwerben möchten.

  • Berechnung von Spreads:
    Die Differenz zwischen Brief- und Geldkurs ist ein Maß für die Markteffizienz. Engere Spreads deuten auf einen liquiden, effizienten Markt hin.

  • Grundlage für Handelsstrategien:
    Arbitrageure oder Hochfrequenzhändler nutzen Differenzen zwischen Briefkursen an verschiedenen Handelsplätzen zur Gewinnrealisierung.

Briefkurs und Transaktionskosten

Auch wenn der Briefkurs für sich genommen keinen direkten Gebührenbestandteil enthält, stellt er aus Sicht des Käufers einen Kostenfaktor dar. Die Differenz zum Mittel- oder Geldkurs ist eine implizite Handelskostenkomponente. Beispielsweise muss ein Käufer, der sofort verkauft, das Wertpapier möglicherweise zu einem niedrigeren Geldkurs wieder abgeben – der Spread ist somit ein indirekter Verlust, sofern keine Kursveränderung eintritt.

Daher achten professionelle Marktteilnehmer sehr genau auf den Spread, um die Effizienz ihrer Transaktionen zu bewerten und unnötige Handelskosten zu vermeiden.

Briefkurs bei anderen Finanzinstrumenten

Der Begriff des Briefkurses wird nicht nur bei Aktien, sondern auch bei anderen Finanzinstrumenten verwendet:

  • Anleihen:
    Der Briefkurs gibt an, zu welchem Kurs (in Prozent des Nominalwerts) eine Anleihe aktuell gekauft werden kann.

  • Devisen:
    Im Devisenhandel bezeichnet der Briefkurs den Preis, zu dem eine Bank eine Fremdwährung verkauft.

  • Derivate:
    Bei Optionen oder Futures gibt der Briefkurs an, zu welchem Preis das Produkt vom Emittenten oder Market Maker angeboten wird.

  • Fondsanteile:
    Auch für Investmentfonds können Geld- und Briefkurse angezeigt werden, insbesondere im außerbörslichen Handel.

Fazit

Der Briefkurs ist der zentrale Kaufpreis eines Finanzinstruments, zu dem Verkäufer aktuell bereit sind, zu verkaufen. Er bildet zusammen mit dem Geldkurs die Grundlage für die Preisbildung im Handel und ermöglicht die sofortige Ausführung von Kauforders. Die Differenz zwischen Brief- und Geldkurs (Spread) ist ein Indikator für die Liquidität und Effizienz eines Marktes. In hochliquiden Märkten ist diese Spanne meist gering, während sie bei geringer Nachfrage oder Volatilität deutlich steigen kann. Als Teil der Marktmikrostruktur spielt der Briefkurs eine wesentliche Rolle bei der Ausführung von Handelsstrategien, der Bewertung von Kosten sowie der Einschätzung von Marktverhältnissen.