Eigene Aktien (Treasury Stocks/Shares) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: EFP Markt (Exchange for Physical) Nächster Begriff: Eigenemission

Aktien eines Unternehmens, die es selbst zurückgekauft und im Eigenbestand hält, um sie später zu verwenden, etwa für Mitarbeiterprogramme oder Kapitalstrukturmaßnahmen

Eigene Aktien, im englischsprachigen Raum als Treasury Shares oder Treasury Stocks bezeichnet, sind von einer Aktiengesellschaft zurückgekaufte oder nie ausgegebene Anteile am eigenen Grundkapital, die im Eigentum der Gesellschaft selbst stehen. Sie unterscheiden sich damit von den Aktien im Umlauf (sogenannte outstanding shares), da mit eigenen Aktien keine Aktionärsrechte wie Stimm- oder Dividendenrechte verbunden sind. Der Rückkauf und Besitz eigener Aktien ist rechtlich geregelt und dient vielfältigen wirtschaftlichen und strategischen Zielen.

Rechtlicher Rahmen in Deutschland

In Deutschland ist der Erwerb und die Verwendung eigener Aktien durch Aktiengesellschaften im Aktiengesetz (AktG) geregelt, insbesondere in den §§ 71–71g AktG. Danach gilt:

  • Der Erwerb eigener Aktien ist grundsätzlich unzulässig, es sei denn, er erfolgt ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen.

  • Der zulässige Erwerb ist zeitlich und betragsmäßig beschränkt.

  • Die Hauptversammlung muss dem Erwerb zustimmen, meist durch eine Ermächtigung für maximal fünf Jahre.

  • Der Bestand eigener Aktien darf 10 % des Grundkapitals nicht überschreiten (§ 71 Abs. 2 AktG).

  • Eigene Aktien vermitteln keine Mitgliedschaftsrechte, insbesondere kein Stimmrecht (§ 71b AktG).

  • Sie dürfen nicht zur Erzielung von Handelsgewinnen gehalten werden – also keine spekulative Haltung.

Möglichkeiten des Erwerbs

Eigene Aktien können von einer Aktiengesellschaft unter folgenden Bedingungen erworben werden:

  1. Rückkauf über die Börse
    Erwerb eigener Aktien am offenen Markt zu aktuellen Börsenkursen.

  2. Rückkauf über ein öffentliches Kaufangebot
    Angebot an alle Aktionäre zur Rückgabe ihrer Aktien zu einem festen Preis oder innerhalb einer Preisspanne.

  3. Erwerb auf sonstige Weise
    Zum Beispiel im Rahmen eines Squeeze-Outs, bei Einziehung, zur Abwehr feindlicher Übernahmen oder bei bestimmten Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen.

Vor dem Rückkauf muss die Hauptversammlung in der Regel einen entsprechenden Beschluss fassen, der das Management ermächtigt, Rückkäufe durchzuführen.

Bilanzielle Behandlung

In der Bilanz werden eigene Aktien gemäß § 272 Abs. 1a HGB auf der Passivseite als eigener Posten unter dem Eigenkapital abgesetzt:

\[ Gezeichnetes Kapital – Nennbetrag der eigenen Aktien \]

Zudem wird der Erwerbswert der eigenen Aktien im Anhang der Bilanz oder im Eigenkapitalspiegel detailliert dargestellt. In internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) werden eigene Aktien ebenfalls vom Eigenkapital abgezogen, und zwar direkt im Eigenkapitalkonto „Treasury Shares“.

Motive für den Erwerb eigener Aktien

Der Rückkauf und Besitz eigener Aktien kann verschiedenen strategischen oder operativen Zwecken dienen:

  1. Kapitalmaßnahme / Optimierung der Kapitalstruktur
    Der Rückkauf reduziert die Anzahl der umlaufenden Aktien, wodurch sich das Ergebnis je Aktie (EPS) verbessert und die Eigenkapitalquote angepasst werden kann.

  2. Verwendung für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme
    Eigene Aktien können als Vergütungskomponente (z. B. Aktienoptionen oder Aktienboni) an Mitarbeiter ausgegeben werden.

  3. Aktien als Akquisitionswährung
    Eigene Aktien können als Gegenleistung bei Unternehmensübernahmen oder Beteiligungserwerben eingebracht werden.

  4. Signalwirkung an den Kapitalmarkt
    Der Rückkauf kann als positives Signal gedeutet werden, dass das Management den inneren Wert der Aktie für höher einschätzt als den aktuellen Marktpreis.

  5. Abwehr feindlicher Übernahmen
    Durch Reduktion frei verfügbarer Aktien kann ein Rückkauf als Verteidigungsmaßnahme dienen.

  6. Einziehung zur Kapitalherabsetzung
    Die Gesellschaft kann die zurückgekauften Aktien einziehen und so das Grundkapital dauerhaft reduzieren.

Auswirkungen auf Kennzahlen

Der Besitz eigener Aktien verändert mehrere relevante Finanzkennzahlen:

  • Gewinn je Aktie (Earnings per Share, EPS) steigt, da der Gewinn auf weniger Aktien verteilt wird.

  • Eigenkapitalquote kann sich durch Verringerung des Eigenkapitals leicht verringern.

  • Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sinkt bei konstantem Kurs.

  • Free Float verringert sich, was Einfluss auf die Liquidität der Aktie haben kann.

  • Stimmrechtsverhältnisse ändern sich, da eigene Aktien stimmrechtslos sind und der relative Anteil der übrigen Aktionäre steigt.

Verbot der Rechteausübung

Eigene Aktien sind von der Ausübung wesentlicher Aktionärsrechte ausgeschlossen, darunter:

  • Stimmrecht in der Hauptversammlung

  • Bezugsrechte bei Kapitalerhöhungen

  • Anspruch auf Dividende

  • Teilnahme an sonstigen Rechten der Aktionäre

Dies dient dem Schutz der Gleichbehandlung aller Aktionäre und verhindert eine „Selbstkontrolle“ der Gesellschaft durch eigene Anteile.

Internationale Unterschiede

Auch in anderen Ländern ist der Rückkauf eigener Aktien möglich, allerdings mit unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen:

  • In den USA ist der Aktienrückkauf weit verbreitet und unterliegt den Regelungen der SEC (Securities and Exchange Commission).

  • In Großbritannien und anderen EU-Staaten existieren ebenfalls Obergrenzen und Berichtspflichten.

  • In Frankreich und Japan dient der Rückkauf häufig strategischen Zielen und wird stärker kontrolliert.

In den USA erfolgt die Bilanzierung meist unter der Methode der cost method, bei der eigene Aktien mit ihrem Erwerbswert im Eigenkapital abgezogen werden.

Kritik und Risiken

Trotz legitimer Verwendungszwecke sind Rückkäufe eigener Aktien nicht unumstritten:

  • Manipulationsgefahr: Rückkäufe können zur künstlichen Kurspflege genutzt werden.

  • Fehlsignal an Investoren: Rückkäufe können fälschlich als Zeichen wirtschaftlicher Stärke interpretiert werden.

  • Liquiditätsbelastung: Der Rückkauf kann zu erheblichen Mittelabflüssen führen und die Investitionskraft mindern.

  • Managementinteressen: Rückkäufe zur Erhöhung des EPS können Anreizverzerrungen bei erfolgsabhängiger Vergütung verursachen.

Daher ist Transparenz und Offenlegung über Zweck, Umfang und Art der Rückkäufe für Anleger von zentraler Bedeutung.

Fazit

Eigene Aktien (Treasury Shares) sind Anteile, die eine Aktiengesellschaft selbst besitzt. Sie dienen vielfältigen wirtschaftlichen Zwecken wie Kapitalstrukturmanagement, Mitarbeitervergütung oder strategischen Transaktionen. Sie sind rechtlich zulässig, unterliegen jedoch strengen Regelungen, insbesondere hinsichtlich Erwerb, Umfang und Verwendung. Eigene Aktien vermitteln keine Aktionärsrechte und wirken sich bilanztechnisch und ökonomisch auf zentrale Kennzahlen aus. Ihre Nutzung sollte unter Berücksichtigung von Markttransparenz, Unternehmensstrategie und regulatorischen Anforderungen erfolgen.