Eindeckung von Leerverkäufen Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Eigenkapitalfonds Nächster Begriff: Einfacher Gleitender Durchschnitt (SMA)

Ein Prozess, bei dem ein Händler zuvor verkaufte Wertpapiere, die er nicht besaß, zurückkauft, um die offene Position zu schließen und potenzielle Verluste oder Gewinne zu realisieren

Die Eindeckung von Leerverkäufen bezeichnet den Vorgang, bei dem ein Anleger, der zuvor eine Aktie oder ein anderes Wertpapier leerverkauft hat, dieses Papier am Markt zurückkauft, um die ursprüngliche Leihposition zu schließen. Der Rückkauf erfolgt in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt und bildet den Abschluss des Leerverkaufsgeschäfts. Der Gewinn oder Verlust aus dem Leerverkauf ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis bei Eröffnung der Position und dem Kaufpreis bei der Eindeckung.

Grundprinzip des Leerverkaufs

Ein Leerverkauf liegt vor, wenn ein Anleger Wertpapiere verkauft, die er zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht besitzt. Dazu leiht er sich die Papiere von einem Broker oder institutionellen Anleger und veräußert sie am Markt mit der Erwartung, dass deren Kurs in Zukunft fallen wird.

Beispiel für den Ablauf:

  1. Der Anleger leiht sich 100 Aktien eines Unternehmens bei einem Broker.

  2. Er verkauft diese sofort am Markt zum aktuellen Kurs von 50 €. Der Erlös beträgt 5.000 €.

  3. Einige Zeit später sinkt der Kurs auf 35 €.

  4. Der Anleger kauft nun 100 Aktien am Markt zurück (Eindeckung) und gibt diese an den Verleiher zurück. Die Kosten des Rückkaufs betragen 3.500 €.

  5. Der Gewinn ergibt sich aus 5.000 € (Verkaufserlös) minus 3.500 € (Eindeckungskosten) = 1.500 €, abzüglich Gebühren und Leihzinsen.

Definition der Eindeckung

Die Eindeckung ist also der Rückkauf der leerverkauften Wertpapiere am Markt, um die Verpflichtung gegenüber dem ursprünglichen Verleiher zu erfüllen. Sie beendet den Leerverkauf und realisiert gleichzeitig den Gewinn oder Verlust.

Motive und Strategien der Eindeckung

  1. Gewinnrealisierung: Anleger decken sich ein, wenn die Kurse wie erwartet gesunken sind.

  2. Verlustbegrenzung: Steigt der Kurs statt zu fallen, wird durch eine vorzeitige Eindeckung versucht, weitere Verluste zu verhindern.

  3. Erfüllung von Rückgabeverpflichtungen: Leerverkäufe sind zeitlich begrenzt, da die geliehenen Aktien zurückgegeben werden müssen.

  4. Zwangseindeckung (Short Squeeze): Steigt der Kurs stark an, kann der Broker zusätzliche Sicherheiten (Margin) verlangen. Reicht die Deckung nicht aus, wird die Position zwangsweise durch den Broker eingedeckt.

Risiken der Eindeckung

Die Eindeckung birgt besondere Risiken, da die Kursentwicklung schwer vorhersehbar ist:

  • Unbegrenztes Verlustrisiko: Während ein Kurs maximal bis auf null fallen kann, ist der Anstieg theoretisch unbegrenzt. Das bedeutet, dass Verluste bei Leerverkäufen ebenfalls unbegrenzt sein können.

  • Short Squeeze: Kommt es zu stark steigenden Kursen, versuchen viele Leerverkäufer gleichzeitig, ihre Positionen einzudecken. Dies führt zu zusätzlichem Kaufdruck, der den Kurs weiter steigen lässt und die Verluste der Short-Seller erhöht.

  • Liquiditätsrisiko: Wenn ein Wertpapier schwer handelbar oder nur in geringen Mengen verfügbar ist, kann die Eindeckung schwierig oder sehr teuer werden.

  • Kosten der Leihe: Neben den Kursrisiken fallen bei Leerverkäufen Leihgebühren sowie gegebenenfalls Marginkosten an, die die Rendite verringern.

Regulatorische Aspekte

Leerverkäufe unterliegen in vielen Ländern strengen rechtlichen Rahmenbedingungen. In der Europäischen Union gelten beispielsweise die Vorgaben der EU-Leerverkaufsverordnung (Nr. 236/2012). Diese schreibt unter anderem Transparenzpflichten vor und erlaubt Aufsichtsbehörden in außergewöhnlichen Marktphasen das Verbot von Leerverkäufen.

In Deutschland überwacht die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) die Einhaltung dieser Regeln. Insbesondere meldepflichtige Netto-Leerverkaufspositionen ab einer bestimmten Schwelle müssen öffentlich gemacht werden.

Beispiel einer Eindeckungssituation

Ein Hedgefonds spekuliert auf fallende Kurse eines Automobilunternehmens und leiht sich Aktien zu einem Kurs von 80 €. Nach einigen Monaten notiert die Aktie bei 60 €. Der Fonds deckt sich ein, indem er die Aktien am Markt zurückkauft. Der Gewinn pro Aktie beträgt 20 €.

Wäre der Kurs hingegen auf 100 € gestiegen, hätte der Fonds beim Rückkauf einen Verlust von 20 € pro Aktie realisiert. Bei weiter steigenden Kursen könnte sich dieser Verlust beliebig vergrößern.

Fazit

Die Eindeckung von Leerverkäufen ist der notwendige Rückkauf der leerverkauften Wertpapiere, um eine Leihposition zu schließen. Sie entscheidet über Gewinn oder Verlust der ursprünglichen Short-Position. Während eine erfolgreiche Eindeckung bei gefallenen Kursen erhebliche Gewinne ermöglicht, bergen steigende Kurse aufgrund des unbegrenzten Verlustpotenzials erhebliche Risiken. Leerverkäufe und ihre Eindeckung stellen daher ein spekulatives Instrument dar, das vor allem von professionellen Marktteilnehmern eingesetzt wird und eine sorgfältige Risikoabwägung sowie strenge regulatorische Beachtung erfordert.