Einheitskurs (Kassakurs) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Einfacher Gleitender Durchschnitt (SMA) Nächster Begriff: Einkaufsmanagerindex (EMI)
Ein am Börsentag festgelegter Preis für Wertpapiere, der durch Angebot und Nachfrage im regulären Handel bestimmt wird und als Referenz für Transaktionen dient
Der Begriff Einheitskurs, auch als Kassakurs bezeichnet, beschreibt im börslichen Handel einen speziellen Preisermittlungsmechanismus, bei dem für ein Wertpapier während einer Auktion ein einziger Kurs festgestellt wird, zu dem das größtmögliche Handelsvolumen umgesetzt werden kann. Dieser Kurs gilt dann für alle während der Auktion ausgeführten Käufe und Verkäufe des jeweiligen Wertpapiers. Der Einheitskurs ist insbesondere im amtlichen Handel und im börslichen Präsenzhandel von Bedeutung, hat aber auch in elektronischen Handelssystemen weiterhin Relevanz.
Grundprinzip des Einheitskurses
Der Einheitskurs dient der Preisermittlung bei der sogenannten Kassamarktauktion. Dabei handelt es sich um einen Handelsmechanismus, bei dem alle vorliegenden Kauf- und Verkaufsaufträge in einem bestimmten Zeitraum gesammelt werden. Der Kassakurs wird so festgelegt, dass er den größtmöglichen Umsatz zwischen diesen Kauf- und Verkaufsaufträgen erlaubt. Dieser Kurs ist somit ein gleichgewichtiger Marktpreis, der Angebot und Nachfrage optimal zusammenführt.
Definition:
Der Einheitskurs (Kassakurs) ist der Preis eines Wertpapiers, zu dem während einer Auktion an der Börse das größte mögliche Handelsvolumen zustande kommt.
Dieser Mechanismus unterscheidet sich vom fortlaufenden Handel, bei dem Kurse ständig auf Basis von Angebot und Nachfrage angepasst werden. Beim Einheitskurs hingegen erfolgt die Kursfeststellung zu einem bestimmten Zeitpunkt, nicht fortlaufend.
Ablauf der Kursfeststellung
Die Ermittlung des Einheitskurses erfolgt in mehreren Schritten:
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Sammeln der Aufträge:
Innerhalb einer bestimmten Zeitspanne werden alle Kauf- und Verkaufsaufträge für ein bestimmtes Wertpapier gesammelt. Diese Aufträge können limitiert (mit Preisgrenze) oder unlimitiert (ohne Preisgrenze) sein. -
Ermittlung des umsatzstärksten Preises:
Es wird der Kurs gesucht, bei dem die größte Anzahl an Aktien gehandelt werden kann – also das sogenannte maximale Volumen. -
Feststellung des Einheitskurses:
Der Preis, bei dem dieses maximale Volumen realisierbar ist, wird als Einheitskurs (Kassakurs) festgelegt. Zu diesem Kurs werden dann alle passenden Aufträge ausgeführt. -
Zuteilung bei Überhängen:
Falls es zu einem Angebots- oder Nachfrageüberhang kommt – also mehr Aufträge auf einer Seite vorliegen, als ausgeführt werden können – erfolgt eine proportionale Zuteilung (Repartierung) der Aufträge auf der überhängenden Seite.
Beispiel zur Veranschaulichung
Angenommen, es liegen die folgenden Kauf- und Verkaufsaufträge für eine Aktie vor:
| Kurs | Kaufmenge | Verkaufsmenge |
|---|---|---|
| 98 | 1.000 | |
| 99 | 2.000 | |
| 100 | 3.000 | 1.000 |
| 101 | 2.000 | |
| 102 | 2.000 |
Zur Bestimmung des Einheitskurses werden alle Aufträge aggregiert und das Umsatzmaximum ermittelt. In diesem Fall ergibt sich ein größtmögliches Handelsvolumen bei 100 Euro mit 3.000 Stück auf der Käufer- und 1.000 Stück auf der Verkäuferseite. Somit wird 100 Euro als Einheitskurs festgestellt, wobei nur 1.000 Stück ausgeführt werden – proportional verteilt auf die Kaufaufträge.
Bedeutung und Anwendungsbereiche
Der Einheitskurs findet in verschiedenen Kontexten Anwendung:
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Eröffnung und Schlussauktionen an der Börse:
An den meisten Börsen wird der erste Kurs eines Handelstages (Eröffnungskurs) sowie der letzte Kurs (Schlusskurs) im Rahmen einer Auktion als Einheitskurs ermittelt. Diese Kurse gelten als besonders aussagekräftig, da sie einen breiten Marktkonsens widerspiegeln. -
Handel mit weniger liquiden Wertpapieren:
Bei Aktien mit geringem Handelsvolumen wird häufig auf den fortlaufenden Handel verzichtet und stattdessen der Kassakurs als einziger Kurs des Tages festgestellt. -
Referenzpreise für Derivate oder Indexberechnungen:
Der Einheitskurs dient oft als Referenzpreis zur Bewertung von Optionen, Futures oder zur Berechnung von Börsenindizes. -
Emissions- und Zeichnungshandel:
Bei Neuemissionen wird der Ausgabepreis ebenfalls häufig nach dem Prinzip des Einheitskurses ermittelt.
Abgrenzung zu anderen Kursarten
Zur besseren Einordnung des Einheitskurses ist die Abgrenzung zu anderen Kursarten hilfreich:
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Briefkurs: Preis, zu dem Verkäufer bereit sind zu verkaufen.
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Geldkurs: Preis, zu dem Käufer bereit sind zu kaufen.
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Fortlaufender Kurs: Ständiger Kurswechsel während des Handelstages auf Basis von Einzeltransaktionen.
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Limitierter Kurs: Kurs, der unter Berücksichtigung von Preislimits zustande kommt, nicht zwingend maximaler Umsatz.
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Mittelkurs: Durchschnitt aus Geld- und Briefkurs, ohne reales Handelsvolumen.
Im Gegensatz zu diesen Kursarten basiert der Einheitskurs auf einer Auktion mit einem klaren Ziel: dem Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei maximalem Umsatzvolumen.
Vorteile des Einheitskursverfahrens
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Markttransparenz:
Der Einheitskurs gibt einen fairen Preis für alle Marktteilnehmer zur gleichen Zeit wieder. -
Effizienz:
Durch die Bündelung aller Aufträge in einer Auktion kann ein hoher Grad an Markträumung erreicht werden. -
Preisstabilität:
Da der Kurs nicht ständig schwankt, sind kurzfristige Volatilitäten geringer. -
Geringere Marktmanipulation:
Da alle Orders gleichberechtigt behandelt werden, ist eine Einflussnahme auf den Kurs schwieriger.
Nachteile und Einschränkungen
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Geringe Flexibilität:
Da Aufträge nur zu bestimmten Zeiten ausgeführt werden, fehlt die Reaktionsmöglichkeit auf aktuelle Marktentwicklungen zwischen den Auktionen. -
Nicht vollständige Ausführung:
Bei Überhängen kann es zu teilweiser oder gar keiner Ausführung von Orders kommen. -
Informationsverzögerung:
Marktinformationen spiegeln sich nicht sofort im Kurs wider, da dieser nur periodisch festgestellt wird.
Fazit
Der Einheitskurs, auch Kassakurs genannt, stellt einen zentralen Preisermittlungsmechanismus im Börsenhandel dar. Er basiert auf einer Auktion, bei der alle Aufträge gesammelt und zu einem Kurs ausgeführt werden, der den größtmöglichen Umsatz generiert. Der Einheitskurs ist besonders in Eröffnungs- und Schlussauktionen sowie im Handel weniger liquider Titel von Bedeutung. Er steht für Transparenz und Marktausgleich, hat aber auch Einschränkungen hinsichtlich Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit. In der Gesamtschau ist der Einheitskurs ein bewährtes Mittel zur fairen Preisbildung an regulierten Märkten.