Emissionskurs Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Emissionskonsortium Nächster Begriff: Emissionsplattform

Ein festgelegter Preis, zu dem Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen bei ihrer Ausgabe von einem Unternehmen oder einer Regierung an Investoren verkauft werden

Der Emissionskurs bezeichnet den Preis, zu dem ein Wertpapier – in der Regel eine Aktie oder Anleihe – erstmals am Kapitalmarkt ausgegeben wird. Er ist somit der Ausgabepreis, den Anleger beim Erwerb eines neu emittierten Wertpapiers zahlen müssen. Der Emissionskurs wird im Rahmen eines Emissionsverfahrens festgelegt und stellt einen zentralen Faktor bei der Platzierung neuer Wertpapiere dar, da er maßgeblich den Erfolg der Emission beeinflusst. Der Kurs kann über, unter oder genau zum Nennwert des Wertpapiers liegen und reflektiert neben marktwirtschaftlichen Bedingungen auch strategische Überlegungen des Emittenten.

Festlegung des Emissionskurses

Die Bestimmung des Emissionskurses erfolgt im Zuge des Emissionsprozesses und hängt von mehreren Einflussfaktoren ab. Dazu zählen insbesondere die aktuelle Marktlage, die Ertragslage und Zukunftsperspektiven des Emittenten, die Nachfrage der Anleger sowie die allgemeine Zinssituation. In der Praxis kommen verschiedene Verfahren zur Anwendung, um einen marktkonformen Kurs zu ermitteln.

Ein häufig genutztes Verfahren ist das sogenannte Bookbuilding-Verfahren, bei dem institutionelle Investoren innerhalb einer bestimmten Preisspanne Gebote abgeben. Aus diesen Geboten ergibt sich ein Nachfrageprofil, anhand dessen der endgültige Emissionskurs festgelegt wird. Dieses Verfahren ermöglicht eine marktorientierte Preisbildung, da es die tatsächliche Nachfrage der Marktteilnehmer berücksichtigt. Alternativ kann der Emittent den Kurs auch festsetzen (Festpreisverfahren) oder über ein Auktionsverfahren bestimmen lassen.

Emission zum Nennwert, über Pari und unter Pari

Der Emissionskurs kann sich in drei Grundformen darstellen:

  1. Emission zum Nennwert (zu pari): Der Ausgabepreis entspricht dem Nennwert des Wertpapiers. Dies ist häufig bei Anleihen der Fall, deren Nominalwert beispielsweise 1.000 Euro beträgt und die auch zu diesem Preis ausgegeben werden.

  2. Emission über dem Nennwert (über pari): Der Emissionskurs liegt über dem Nennwert. Anleger zahlen somit einen Aufpreis, der häufig als Agio bezeichnet wird. Eine solche Preisgestaltung kommt insbesondere dann vor, wenn der Emittent bereits eine starke Marktstellung oder hohe Gewinne vorweisen kann.

  3. Emission unter dem Nennwert (unter pari): Der Emissionskurs liegt unter dem Nennwert, das heißt, die Anleger zahlen einen geringeren Preis. Diese Form, das sogenannte Disagio, wird häufig gewählt, um die Attraktivität der Emission zu erhöhen oder bei ungünstigen Marktbedingungen eine erfolgreiche Platzierung sicherzustellen.

Bedeutung des Emissionskurses bei Aktien

Bei der Ausgabe von Aktien spielt der Emissionskurs eine zentrale Rolle für das Eigenkapital des Unternehmens und die Bewertung am Markt. Der Emissionskurs bestimmt, wie viel Kapital das Unternehmen durch die Ausgabe neuer Aktien einnimmt. Dabei darf der Kurs gemäß gesetzlicher Vorschriften in Deutschland den Nennwert oder den rechnerischen Anteil am Grundkapital nicht unterschreiten.

Wird der Emissionskurs über dem Nennwert festgesetzt, entsteht ein Aufgeld (Agio), das in die Kapitalrücklage fließt und somit das Eigenkapital stärkt. Der Emissionskurs hat außerdem Einfluss auf die Wahrnehmung des Unternehmens an der Börse. Ein zu hoch angesetzter Kurs kann zu einer schwachen Nachfrage führen, während ein zu niedriger Kurs zwar eine schnelle Platzierung ermöglicht, aber das Potenzial des Unternehmens unterbewerten kann.

Bedeutung des Emissionskurses bei Anleihen

Bei der Emission von Anleihen spiegelt der Emissionskurs das Verhältnis zwischen Nominalwert, Zinssatz und Marktzins wider. Liegt der Emissionskurs über pari, erhalten Anleger eine geringere effektive Rendite, da sie mehr als den Nennwert zahlen, aber am Ende der Laufzeit nur den Nominalwert zurückerhalten. Liegt der Kurs unter pari, steigt die effektive Rendite, da die Differenz zwischen Kaufpreis und Rückzahlungswert einen zusätzlichen Ertrag darstellt.

Der Emittent kann durch die Wahl des Emissionskurses die Finanzierungskosten steuern. Wird eine Anleihe unter pari emittiert, kann der nominale Zinssatz niedriger ausfallen, während eine Emission über pari eine höhere Zinszahlung erforderlich machen kann, um für Anleger attraktiv zu bleiben.

Rolle der Emissionsbanken

In der Regel wird der Emissionskurs nicht allein vom Emittenten festgelegt, sondern in Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Emissionsbanken bestimmt. Diese übernehmen die Platzierung der Wertpapiere, beraten hinsichtlich der optimalen Preisgestaltung und übernehmen in vielen Fällen eine Platzierungsgarantie. Die Emissionsbanken analysieren die Marktbedingungen, die Konkurrenzsituation und das Investoreninteresse, um einen marktfähigen Emissionskurs zu ermitteln, der sowohl die Kapitalbedürfnisse des Emittenten als auch die Renditeerwartungen der Anleger berücksichtigt.

Einflussfaktoren und wirtschaftliche Überlegungen

Die Festlegung des Emissionskurses ist ein strategischer Prozess, bei dem verschiedene wirtschaftliche und psychologische Faktoren eine Rolle spielen. Neben quantitativen Aspekten wie Bilanzkennzahlen oder Marktzinsen fließen auch qualitative Einschätzungen wie das Vertrauen in das Management, die Branchenaussichten und das allgemeine Marktumfeld ein.

Ein zu niedriger Emissionskurs kann zwar eine Überzeichnung der Emission bewirken, was kurzfristig positiv erscheint, langfristig jedoch zu einer Unterbewertung des Unternehmens führen kann. Ein zu hoher Kurs hingegen birgt das Risiko, dass die Emission nicht vollständig platziert werden kann und damit der angestrebte Kapitalzufluss verfehlt wird.

Emissionskurs und Sekundärmarkt

Nach der Platzierung der Wertpapiere kann der Marktpreis – also der Kurs an der Börse – vom Emissionskurs abweichen. Steigt der Börsenkurs über den Emissionskurs, erzielen Anleger einen Kursgewinn. Fällt der Börsenkurs unter den Emissionskurs, entsteht ein Kursverlust. Diese Entwicklung zeigt, wie realistisch die Preisfestsetzung im Rahmen der Emission war. Besonders bei Neuemissionen von Aktien (Initial Public Offerings, IPOs) wird die Differenz zwischen Emissionskurs und erstem Börsenkurs als Indikator für den Erfolg der Emission betrachtet.

Fazit

Der Emissionskurs ist ein zentrales Element bei der Ausgabe neuer Wertpapiere und hat sowohl für Emittenten als auch für Anleger weitreichende Bedeutung. Er bestimmt, zu welchem Preis Kapital aufgenommen bzw. investiert wird, und spiegelt das Spannungsfeld zwischen Marktbedingungen, Unternehmensbewertung und Investoreninteresse wider. Die Festlegung des Emissionskurses erfordert daher eine sorgfältige Analyse und strategische Abwägung, um eine erfolgreiche Platzierung und eine nachhaltige Marktakzeptanz zu gewährleisten. Ein ausgewogener Emissionskurs trägt dazu bei, das Vertrauen der Anleger zu stärken, die Kapitalbasis des Emittenten zu sichern und den langfristigen Erfolg der Wertpapieremission zu unterstützen.