EStG - Einkommensteuergesetz Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Eskomptieren Nächster Begriff: ETC - Exchange Traded Commodities

Ein Gesetz in Deutschland, das die Erhebung der Einkommensteuer regelt, einschließlich der Besteuerung von Einkünften aus Arbeit, Kapital, Vermietung und anderen Quellen

Das Einkommensteuergesetz (EStG) ist das zentrale Gesetz zur Regelung der Einkommensteuer in der Bundesrepublik Deutschland. Es legt fest, welche Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig sind, wie diese ermittelt werden, welche Freibeträge und Sonderregelungen gelten und wie die Besteuerung natürlicher Personen erfolgt. Das Gesetz bildet die gesetzliche Grundlage für die Besteuerung sämtlicher privater Einkommen und ist ein zentrales Element des deutschen Steuerrechts.

Anwendungsbereich und Geltung

Das Einkommensteuergesetz gilt für natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Es unterliegt dem Territorialitätsprinzip, das bedeutet, dass im Regelfall alle inländischen Einkünfte dieser Personen der Einkommensteuer unterliegen. In bestimmten Fällen können auch ausländische Einkünfte berücksichtigt werden, sofern sie dem Welteinkommensprinzip unterliegen.

Ausländische Personen ohne Wohnsitz in Deutschland können ebenfalls einkommensteuerpflichtig sein, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielen. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Wer in Deutschland wohnt oder sich länger als sechs Monate im Kalenderjahr hier aufhält, ist grundsätzlich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Beschränkt steuerpflichtig sind dagegen Personen, die keinen Wohnsitz in Deutschland haben, aber inländische Einkünfte erzielen (§ 1 Abs. 4 EStG).

Die sieben Einkunftsarten

Das EStG unterscheidet in § 2 Abs. 1 sieben verschiedene Einkunftsarten, die der Besteuerung unterliegen. Diese lauten:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb

  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit

  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen

  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

  7. Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG

Diese Einteilung hat große Bedeutung für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, da je nach Einkunftsart unterschiedliche Vorschriften zur Gewinnermittlung, zu Werbungskosten und Freibeträgen gelten.

Ermittlung des zu versteuernden Einkommens

Zur Feststellung der Steuerlast wird das zu versteuernde Einkommen (zvE) ermittelt. Ausgangspunkt ist die Summe der Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten. Von dieser Summe werden der Altersentlastungsbetrag, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der Freibetrag für Land- und Forstwirte sowie weitere gesetzlich definierte Beträge abgezogen.

Darüber hinaus werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen sowie Verlustvorträge und Verlustrückträge berücksichtigt. Das verbleibende Einkommen bildet dann die Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Einkommensteuertarifs gemäß § 32a EStG.

Einkommensteuertarif und Progression

Der Einkommensteuertarif ist in Deutschland progressiv gestaltet. Das bedeutet, mit steigendem Einkommen steigt auch der anzuwendende Steuersatz. Das EStG regelt in § 32a Abs. 1 einen gestaffelten Tarifverlauf:

  • Grundfreibetrag: Bis zu einer bestimmten Grenze (z. B. im Jahr 2025: 11.604 Euro bei Einzelveranlagung) fällt keine Einkommensteuer an. Dies soll das Existenzminimum steuerfrei stellen.

  • Progressionszone I: Auf Einkommen oberhalb des Grundfreibetrags bis zu einem mittleren Einkommen steigt der Steuersatz stetig von 14 % bis etwa 24 %.

  • Progressionszone II: In dieser Zone steigt der Steuersatz weiter an bis zum Spitzensteuersatz von 42 %.

  • Spitzensteuersatz: Für besonders hohe Einkommen greift der Spitzensteuersatz von 42 % bzw. ab einem bestimmten Betrag der sogenannte Reichensteuersatz von 45 %.

Zusätzlich zur Einkommensteuer kann der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer anfallen, wodurch sich die effektive Steuerbelastung erhöht.

Veranlagungsformen

Das EStG unterscheidet mehrere Arten der Veranlagung, insbesondere bei Ehegatten und Lebenspartnern. Die wichtigsten sind:

  • Einzelveranlagung (§ 25 EStG): Standardform für alleinstehende Steuerpflichtige.

  • Zusammenveranlagung (§ 26 EStG): Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Dabei wird der Splittingtarif (§ 32a Abs. 5 EStG) angewendet, der in der Regel eine steuerliche Entlastung bei unterschiedlich hohen Einkommen bewirkt.

  • Getrennte Veranlagung (§ 26a EStG): Ehegatten können sich auch für getrennte Besteuerung entscheiden, was in bestimmten Fällen vorteilhaft sein kann.

Steuererhebung und Abgabepflichten

Die Einkommensteuer wird in der Regel durch Steuererklärung und Veranlagung erhoben. Arbeitnehmer unterliegen zusätzlich dem Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber (§§ 38 ff. EStG). Selbständige und Gewerbetreibende müssen vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlungen leisten.

Die Steuererklärung ist regelmäßig bis zum 31. Juli des Folgejahres beim Finanzamt einzureichen. Wer steuerlich beraten ist, kann verlängerte Fristen in Anspruch nehmen. Bei verspäteter Abgabe drohen Verspätungszuschläge gemäß Abgabenordnung (AO).

Freibeträge, Pauschalen und Begünstigungen

Das EStG sieht zahlreiche steuerliche Freibeträge und Pauschalen vor, die der Entlastung von Steuerpflichtigen dienen. Wichtige Beispiele sind:

  • Grundfreibetrag: Schutz des Existenzminimums

  • Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG): Für Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern

  • Sparerpauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG): Für Einkünfte aus Kapitalvermögen

  • Werbungskostenpauschale (§ 9a EStG): Bei bestimmten Einkunftsarten

  • Vorsorgeaufwendungen (§ 10 EStG): Beiträge zur Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung

Zudem gewährt das EStG steuerliche Begünstigungen bei bestimmten Sachverhalten wie z. B. haushaltsnahen Dienstleistungen (§ 35a EStG) oder Spenden (§ 10b EStG).

Änderungen und Aktualisierungen

Das Einkommensteuergesetz unterliegt regelmäßigen gesetzlichen Anpassungen, etwa durch Jahressteuergesetze, Konjunkturpakete oder Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Diese Anpassungen betreffen häufig die Höhe von Freibeträgen, Tarife, Pauschalen oder die Definition steuerlich relevanter Sachverhalte.

Wichtige Reformen betreffen beispielsweise die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens (z. B. Einführung von ELSTER), die Vereinfachung steuerlicher Nachweispflichten oder die Anpassung an europäische Rechtsprechung. Auch inflationsbedingte Tarifanpassungen werden regelmäßig vorgenommen, um die sogenannte „kalte Progression“ zu vermeiden.

Fazit

Das Einkommensteuergesetz ist das zentrale Regelwerk zur Besteuerung der Einkommen natürlicher Personen in Deutschland. Es legt detailliert fest, welche Einkünfte steuerpflichtig sind, wie sie ermittelt werden und welche Freibeträge und Erleichterungen Anwendung finden können. Mit seiner Systematik der sieben Einkunftsarten, dem progressiven Tarif und zahlreichen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten bildet das EStG das Rückgrat der direkten Besteuerung im deutschen Steuerrecht. Für Steuerpflichtige, Unternehmen und Steuerberater ist ein solides Verständnis des EStG unverzichtbar, um steuerliche Pflichten korrekt zu erfüllen und gesetzliche Möglichkeiten zur Optimierung zu nutzen. Durch regelmäßige Anpassungen bleibt das Gesetz ein dynamisches Instrument der Finanzpolitik und ein zentraler Hebel zur Gestaltung staatlicher Einnahmen.