Economic Value Added (EVA) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: EUWAX (European Warrant Exchange) Nächster Begriff: Ewige Anleihe

Ein Kennzahl, die den wirtschaftlichen Gewinn eines Unternehmens misst, indem sie den Nettogewinn nach Abzug der Kapitalkosten berechnet, um die tatsächliche Wertschöpfung zu bewerten

Economic Value Added (EVA) ist ein betriebswirtschaftliches Kennzahlensystem zur Messung des wirtschaftlichen Erfolgs eines Unternehmens über die reine Gewinnbetrachtung hinaus. Die zentrale Idee besteht darin, den Mehrwert zu erfassen, den ein Unternehmen über die Kapitalkosten hinaus erwirtschaftet. EVA wurde in den 1980er-Jahren durch das Beratungsunternehmen Stern Stewart & Co. bekannt gemacht und ist seitdem ein etabliertes Konzept im Bereich der wertorientierten Unternehmenssteuerung.

Definition und Grundprinzip

Economic Value Added (EVA) bezeichnet den ökonomischen Mehrwert, den ein Unternehmen innerhalb einer bestimmten Periode erzeugt hat. Im Kern basiert EVA auf der Differenz zwischen dem betrieblichen Ergebnis nach Steuern und den Kapitalkosten, die für das im Unternehmen eingesetzte Kapital anfallen.

Die Kennzahl beantwortet die zentrale Frage: Hat das Unternehmen ausreichend verdient, um die Kosten des eingesetzten Kapitals zu decken und darüber hinaus Wert für die Kapitalgeber zu schaffen?

Ein positiver EVA zeigt an, dass ein Unternehmen über die Kapitalkosten hinaus Gewinne erzielt und somit Wert generiert. Ein negativer EVA bedeutet, dass die Rendite unterhalb der Kapitalkosten liegt – es wird also Wert vernichtet.

Berechnungsformel

Die Grundformel für den EVA lautet:

EVA = NOPAT – (WACC × Capital)

Dabei stehen die einzelnen Komponenten für:

  1. NOPAT (Net Operating Profit After Taxes)
    Der operative Gewinn nach Steuern, der aus dem Kerngeschäft des Unternehmens stammt. Nicht-operative Erträge oder Aufwendungen (z. B. Zinserträge, außerordentliche Erträge) werden ausgeklammert.

  2. WACC (Weighted Average Cost of Capital)
    Der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz, der sich aus dem Eigen- und Fremdkapitalkostensatz ergibt, gewichtet nach deren Anteil am Gesamtkapital.

  3. Capital (Betriebsnotwendiges Kapital)
    Das eingesetzte Kapital zur Finanzierung der operativen Geschäftstätigkeit, meist bereinigt um nicht-betriebsnotwendige Vermögensteile (z. B. liquide Mittel über dem operativen Bedarf).

Die Kapitalkostenkomponente (WACC × Capital) stellt dabei die Mindestverzinsung dar, die aus Sicht der Kapitalgeber erforderlich ist. EVA zeigt somit, ob und in welchem Umfang diese Hürde überschritten wurde.

Bedeutung in der Unternehmenssteuerung

EVA ist ein zentrales Instrument in der wertorientierten Unternehmensführung, da es nicht nur den Gewinn berücksichtigt, sondern auch den Kapitaleinsatz und die damit verbundenen Kosten. Klassische Rechnungsgrößen wie der Jahresüberschuss oder das EBIT lassen häufig außer Acht, dass das eingesetzte Kapital ebenfalls eine Verzinsung erwartet.

Die Vorteile der EVA-Betrachtung im Steuerungskontext:

  1. Kapitalallokation: Investitionen werden nur dann als wertschaffend eingestuft, wenn sie eine Verzinsung über dem Kapitalkostensatz erzielen.

  2. Entscheidungsunterstützung: Managemententscheidungen können gezielter im Hinblick auf Wertgenerierung beurteilt werden.

  3. Performance-Messung: EVA eignet sich zur Bewertung der operativen Leistungsfähigkeit von Geschäftsbereichen, Produkten oder Projekten.

  4. Anreizsysteme: EVA kann als Basis für variable Vergütungen des Managements dienen, um Interessen von Eigentümern und Unternehmensführung stärker zu verzahnen.

Bereinigungen und Anpassungen

Da die handelsrechtliche Rechnungslegung nicht zwingend den wirtschaftlichen Realitäten entspricht, werden für die EVA-Berechnung häufig Adjustierungen vorgenommen. Diese betreffen insbesondere:

  • Aktivierung statt Aufwand: Bestimmte Investitionen (z. B. F&E, Werbung) werden aktiviert, da sie langfristigen Nutzen stiften.

  • Berücksichtigung latenter Steuern

  • Neutralisierung von bilanziellen Einmaleffekten

  • Bereinigung um nicht-betriebsnotwendige Vermögenswerte

Ziel dieser Anpassungen ist eine ökonomisch konsistente Ergebnisermittlung, die unabhängig von bilanzpolitischen Ermessensspielräumen ist.

Beispiel zur Veranschaulichung

Ein Unternehmen erzielt einen NOPAT von 15 Mio. Euro. Das eingesetzte Kapital beträgt 100 Mio. Euro. Der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) liegt bei 10 %.

EVA = 15 Mio. € – (0,10 × 100 Mio. €)
EVA = 15 Mio. € – 10 Mio. €
EVA = 5 Mio. €

Das Unternehmen hat somit 5 Mio. Euro ökonomischen Mehrwert erzielt – es hat also Wert für seine Kapitalgeber geschaffen.

Grenzen und Kritik

Trotz seiner praktischen Relevanz wird EVA auch kritisch betrachtet:

  1. Komplexität der Berechnungen: Die zahlreichen Anpassungen und Annahmen erfordern detaillierte Daten und fundiertes Fachwissen.

  2. Vernachlässigung strategischer Aspekte: EVA betrachtet primär kurzfristige Periodenergebnisse und kann langfristige strategische Ziele unterbewerten.

  3. Einfluss von Bilanzierungsstandards: Auch bei Anpassungen bleibt eine gewisse Abhängigkeit von Bilanzierungsregeln bestehen.

  4. Einseitige Kapitalkostenfokussierung: Die Konzentration auf Kapitalkosten kann Investitionen in Zukunftsmärkte hemmen, wenn kurzfristig noch kein EVA erzielt wird.

Trotz dieser Einschränkungen bleibt EVA ein verbreitetes Instrument zur wertorientierten Steuerung in Konzernen, bei der Investitionsanalyse und in der Unternehmensbewertung.

Fazit

Economic Value Added (EVA) ist eine bedeutende Kennzahl zur Messung des ökonomischen Erfolgs eines Unternehmens über den reinen Gewinn hinaus. Durch den Vergleich von operativem Ergebnis und Kapitalkosten gibt EVA Auskunft darüber, ob ein Unternehmen tatsächlich Wert für seine Kapitalgeber geschaffen hat. Als Teil der wertorientierten Unternehmensführung unterstützt EVA eine rationalere Kapitalallokation, schafft Transparenz über den ökonomischen Nutzen unternehmerischer Entscheidungen und kann als Grundlage für Anreizsysteme dienen. Auch wenn die Berechnung mit gewissen Komplexitäten verbunden ist, bleibt EVA ein wirkungsvolles Instrument zur Beurteilung langfristiger Wertschöpfung in Unternehmen.