ROUNDUP

Triebwerksrückruf reißt MTU in die Verlustzone - Aktie erholt sich 27.10.2023, 13:39 Uhr von dpa-AFX Jetzt kommentieren: 0

Werte zum Artikel
Name Aktuell Diff. Börse
RTX Corporation Reg Shs 152,12 EUR -0,22 % Lang & Schwarz

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Ein Materialfehler an den Antrieben vieler Airbus-Jets hat den Münchner Triebwerksbauer MTU tief in die roten Zahlen gerissen. Für die aufwendige Inspektion der sogenannten Getriebefan-Triebwerke seines US-Partners Pratt & Whitney stellte MTU im dritten Quartal rund eine Milliarde Euro zurück. Damit zeichnet sich auch für das Gesamtjahr ein Verlust ab. Die Arbeiten an den Triebwerken werden die Hersteller noch lange beschäftigen. So müssen in den kommenden drei Jahren weltweit hunderte Airbus-Jets aus der A320neo-Familie am Boden bleiben.

"Wir wollen die Auswirkungen auf unsere Airline-Kunden so weit wie möglich begrenzen", sagte MTU-Chef Lars Wagner in einer Telefonkonferenz zu dernQuartalszahlen am Freitag in München. Wagner will so viele Triebwerke wie möglich in die MTU-Werkstätten holen und mit einem Ausbau der Kapazität die Wartezeiten verringern. Grund des Rückrufs ist ein Materialfehler: Pratt & Whitney hat bei der Herstellung der Turbinenscheiben ein problematisches Metallpulver verwendet.

Wagner geht davon aus, dass jedes der Triebwerke für die Reparatur etwa 300 Tage lang am Boden bleiben muss. Die Arbeiten selbst sollen zwar nur halb so lange dauern. Doch je nach Alter und Betriebsstunden müssen die Fluggesellschaften viele Turbinen schon bald außer Betrieb nehmen. Dann beginnt das Warten auf Werkstatttermine - und Ersatzteile, die erst noch produziert werden müssen.

Unterdessen zeigte sich Wagner zuversichtlich, "dass das Metallpulver-Thema bis 2026 erledigt ist". Und Finanzchef Peter Kameritsch erwartet nach Rückstellung von einer Milliarde Euro im dritten Quartal keine weiteren Belastungen mehr. Das Management arbeitet nun daran, die Dauer der Werkstattaufenthalte zu verkürzen und damit die Kosten und die Entschädigungen für die Fluggesellschaften zu drücken. Zudem verhandelt MTU mit Pratt & Whitney über eine Entschädigung für die Einbußen.

Nach Angaben der Triebwerkshersteller müssen wegen des Rückrufs in den Jahren 2024 bis 2026 im Schnitt etwa 350 Airbus-Jets aus der Modellfamilie A320neo am Boden bleiben. Im ersten Halbjahr 2024 dürften es sogar 600 bis 650 sein. Laut Pratt & Whitneys Mutterkonzern RTX betrifft das Metallpulver-Problem sogar rund 3000 Getriebefan-Triebwerke - das sind fast alle, die bisher ausgeliefert wurden. Zwar können die Arbeiten in vielen Fällen bei den üblichen Inspektionen erledigt werden. Der Rückruf dürfte aber zu 600 bis 700 zusätzlichen Werkstattaufenthalten führen, hieß es.

Die A320neo-Jets sind die Verkaufsschlager des weltgrößten Flugzeugherstellers Airbus. Etwa die Hälfte von ihnen fliegt mit den Getriebefan-Triebwerken, die übrigen mit dem Konkurrenzantrieb Leap der Hersteller Safran und General Electric .

Bei MTU führte die Milliarden-Rückstellung im dritten Quartal unter dem Strich zu einem Verlust von 568 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte der Konzern hier noch 92 Millionen Euro verdient. Der Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) belief sich im abgelaufenen Quartal sogar auf 793 Millionen Euro, sodass für die ersten neun Monate ein Minus von 410 Millionen Euro zu Buche steht - nach einem Gewinn von 331 Millionen ein Jahr zuvor.

Bei seinen Jahreszielen für Umsatz und operativen Gewinn klammert die MTU-Führung Sondereffekte wie den Triebwerksrückruf jedoch aus. Um solche Posten bereinigt erzielte der Konzern in den ersten neun Monaten einen Umsatz von 4,6 Milliarden Euro und damit 21 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) legte sogar um ein Drittel auf 597 Millionen Euro zu. Denn das Tagesgeschäft mit neuen Triebwerken, Ersatzteilen und Wartung lief ansonsten rund.

MTU-Chef Wagner sieht das Münchner Unternehmen daher abseits des teuren Rückrufs auf Kurs. Bereinigt um die Sonderbelastung soll der Umsatz in diesem Jahr weiterhin auf 6,1 bis 6,3 Milliarden Euro klettern. Der ebenfalls bereinigte operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) soll mit gut 800 Millionen Euro einen Rekordwert erreichen. Einschließlich der Sonderbelastung dürfte das operative Ergebnis jedoch in den roten Zahlen landen.

An der Börse wurden die Neuigkeiten mit Erleichterung aufgenommen. Die MTU-Aktie legte bis zur Mittagszeit rund anderthalb Prozent auf 182,50 Euro zu und gehörte damit zu den stärksten Titeln im Dax . Dabei erholte sie sich ein weiteres Stück von ihren herben Kursverlusten der vergangenen Wochen. Dennoch wurde sie noch rund zehn Prozent billiger gehandelt als Ende 2022. Und das Jahreshoch von gut 245 Euro vom April ist noch deutlich weiter entfernt.

Derweil muss sich der französische Triebwerkshersteller Safran erneut mit Problemen bei Boeing herumschlagen. Der Flugzeughersteller aus den USA hat in seinen Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max Produktionsmängel entdeckt und sein Auslieferungsziel gekappt. Safran-Chef Olivier Andriès stellt sich nun darauf ein, dass sein Unternehmen in diesem Jahr entsprechend weniger Leap-Triebwerke ausliefert als bislang geplant. Anders als beim Airbus A320neo ist das Leap der einzige Triebwerkstyp für das Boeing-Modell.

Die Zahl der ausgelieferten Leap-Turbinen dürfte in diesem Jahr statt um 50 Prozent nur um 40 bis 45 Prozent zulegen, teilte Safran am Freitag in Paris mit. An ihren Zielen für Umsatz und operativen Gewinn hält die Safran-Führung allerdings fest. Im dritten Quartal steigerte Safran seinen Umsatz um ein Fünftel auf 5,8 Milliarden Euro. So lieferte das Unternehmen 389 Leap-Triebwerke aus - zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In den ersten neun Monaten waren es 1174 Exemplare, eine Steigerung um 45 Prozent. Für die Safran-Aktie ging es nach den Nachrichten um rund 0,2 Prozent abwärts./stw/mne/mis

Kommentare (0) ... diskutiere mit.
Werbung

Handeln Sie Aktien bei SMARTBROKER+ für 0 Euro!* Profitieren Sie von kostenloser Depotführung, Zugriff auf 29 deutsche und internationale Börsenplätze und unschlagbar günstigen Konditionen – alles in einer innovativen, brandneuen App. Jetzt zu SMARTBROKER+ wechseln und durchstarten!

*Ab 500 EUR Ordervolumen über gettex. Zzgl. marktüblicher Spreads und Zuwendungen.

k.A. k.A. k.A. k.A.
k.A. k.A. k.A. k.A.
k.A. k.A. k.A. k.A.
Werbung
Weiter abwärts?
Kurzfristig positionieren
Ask: 0,81
Hebel: 19
mit starkem Hebel
Ask: 2,17
Hebel: 6
mit moderatem Hebel
Smartbroker
Goldman Sachs
Den Basisprospekt sowie die Endgültigen Bedingungen und die Basisinformationsblätter erhalten Sie hier: GU4C4W GU4C4Q. Beachten Sie auch die weiteren Hinweise zu dieser Werbung. Der Emittent ist berechtigt, Wertpapiere mit open end-Laufzeit zu kündigen.
News-Kommentare
Thema
1 Söder sieht Deutschland so stark unter Druck wie noch nie Hauptdiskussion
2 ROUNDUP/Merkel: 'Die Pandemie war eine demokratische Zumutung' Hauptdiskussion
3 Nach Reformen: Argentinien kehrt an den Finanzmarkt zurück Hauptdiskussion
4 ROUNDUP: Linke ebnet Weg zur Verabschiedung des Rentenpakets Hauptdiskussion
5 EU einig über Komplettverzicht auf Gas aus Russland Hauptdiskussion
6 Moskau erklärt Pokrowsk für erobert Hauptdiskussion
7 Trump hat sich für neuen Fed-Chef entschieden Hauptdiskussion
Alle Diskussionen
Schreib den ersten Kommentar!

Dis­clai­mer: Die hier an­ge­bo­te­nen Bei­trä­ge die­nen aus­schließ­lich der In­for­ma­t­ion und stel­len kei­ne Kauf- bzw. Ver­kaufs­em­pfeh­lung­en dar. Sie sind we­der ex­pli­zit noch im­pli­zit als Zu­sich­er­ung ei­ner be­stim­mt­en Kurs­ent­wick­lung der ge­nan­nt­en Fi­nanz­in­stru­men­te oder als Handl­ungs­auf­for­der­ung zu ver­steh­en. Der Er­werb von Wert­pa­pier­en birgt Ri­si­ken, die zum To­tal­ver­lust des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals füh­ren kön­nen. Die In­for­ma­tion­en er­setz­en kei­ne, auf die in­di­vi­du­el­len Be­dür­fnis­se aus­ge­rich­te­te, fach­kun­di­ge An­la­ge­be­ra­tung. Ei­ne Haf­tung oder Ga­ran­tie für die Ak­tu­ali­tät, Rich­tig­keit, An­ge­mes­sen­heit und Vol­lständ­ig­keit der zur Ver­fü­gung ge­stel­lt­en In­for­ma­tion­en so­wie für Ver­mö­gens­schä­den wird we­der aus­drück­lich noch stil­lschwei­gend über­nom­men. Die Mar­kets In­side Me­dia GmbH hat auf die ver­öf­fent­lich­ten In­hal­te kei­ner­lei Ein­fluss und vor Ver­öf­fent­lich­ung der Bei­trä­ge kei­ne Ken­nt­nis über In­halt und Ge­gen­stand die­ser. Die Ver­öf­fent­lich­ung der na­ment­lich ge­kenn­zeich­net­en Bei­trä­ge er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich durch Au­tor­en wie z.B. Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­richt­en­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men. In­fol­ge­des­sen kön­nen die In­hal­te der Bei­trä­ge auch nicht von An­la­ge­in­te­res­sen der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und/oder sei­nen Mit­ar­bei­tern oder Or­ga­nen be­stim­mt sein. Die Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­rich­ten­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men ge­hör­en nicht der Re­dak­tion der Mar­kets In­side Me­dia GmbH an. Ihre Mei­nung­en spie­geln nicht not­wen­di­ger­wei­se die Mei­nung­en und Auf­fas­sung­en der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und de­ren Mit­ar­bei­ter wie­der. Aus­führ­lich­er Dis­clai­mer