Agrardiesel, Ticketsteuer, Schuldenbremse - was im Haushalt 2024 30.01.2024, 06:06 Uhr von dpa-AFX Jetzt kommentieren: 0

BERLIN (dpa-AFX) - Das Jahr hat längst begonnen, doch wofür der Staat gerade wie viel Geld ausgeben darf, ist noch immer nicht offiziell beschlossen. In dieser Woche will der Bundestag das ändern: Die Schlussberatungen für den Etat 2024 stehen an. Vier Tage lang werden die Budgets für jedes Ministerium noch einmal debattiert, in der traditionellen Generaldebatte wird über die Politik der Bundesregierung gestritten. Danach soll der Haushalt am Freitag verabschiedet werden - ebenso wie ein Gesetz zur Umsetzung von Sparmaßnahmen.

Warum passiert das dieses Mal alles so spät?

Normalerweise segnet der Bundestag den Haushalt im Dezember des Vorjahres ab. Diesmal jedoch durchkreuzte das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts die Pläne: Kurzfristig mussten im Kernhaushalt sowie im Klima- und Transformationsfonds Milliardenlöcher gestopft werden. SPD, Grüne und FDP rangen wochenlang um Sparmaßnahmen, erst kurz vor Weihnachten gab es eine Grundsatzeinigung - und Mitte Januar die entscheidende Sitzung im Haushaltsausschuss des Bundestags. Seit Jahresbeginn arbeitet die Regierung daher mit einer vorläufigen Haushaltsführung: Vorerst sind nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.

Was sind Kernpunkte des Haushalts?

Nach der entscheidenden Sitzung im Haushaltsausschuss ist der Etat jetzt im Grunde festgezurrt. Vorgesehen sind Ausgaben von 476,8 Milliarden Euro. Das sind rund 5635 Euro pro Einwohner in Deutschland.

Der mit Abstand größte Etat ist erneut der Sozialetat mit Ausgaben von rund 175,6 Milliarden Euro - davon gehen große Teile in die Rentenversicherung, dazu kommen zum Beispiel Ausgaben für das Bürgergeld.

Geplant sind in diesem Jahr Investitionen von 70,5 Milliarden Euro - zum Beispiel in das Schienennetz und in Straßen. Der Verteidigungsetat liegt bei rund 52 Milliarden Euro, dazu kommen Milliardenmittel aus dem "Sondervermögen" für die Bundeswehr. Die größten Einsparungen verglichen mit dem Vorjahr gibt es im Gesundheitsministerium, weil viele Corona-Ausgaben wegfallen.

Hält die Schuldenbremse?

Das lässt sich noch nicht ganz sicher sagen. Vorgesehen sind zunächst neue Kredite in Höhe von rund 39 Milliarden Euro. Damit würde die Schuldenbremse nach jahrelangen Ausnahmen wieder voll greifen. Die Bundesregierung hatte zunächst geprüft, ob für 2,7 Milliarden Euro an Fluthilfen nach der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal erneut die Ausnahmeregel gezogen werden sollte. Das Geld kommt nun aber aus Überschüssen des Etats 2023.

Ein großer Unsicherheitsfaktor bleibt aber der Ukraine-Krieg. Was passiert, wenn Deutschland seine Hilfe für die Ukraine nochmals stark erhöhen muss - weil die Entwicklung an der Front oder der Rückzug anderer Staaten aus der Unterstützerallianz dies erfordern? Die Ampel-Koalition behält sich vor, dann doch eine "außergewöhnliche Notsituation" geltend zu machen und die Schuldenbremse auszusetzen.

Was ist die umstrittenste Kürzung?

Die Koalition will Steuerbegünstigungen für Landwirte beim Agrardiesel schrittweise abschaffen. Das hat für eine Protestwelle von Bauern gesorgt, die mit ihren Traktoren bis nach Berlin zogen. Der Bundesrat muss der Kürzung nicht zustimmen, könnte noch am Freitag aber Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen. Bisher zeichnet sich dafür allerdings keine Mehrheit ab, denn in vielen Ländern gibt es Koalitionsregierungen mit Ampel-Parteien - und wenn sich eine Landesregierung uneins ist, muss sich das Land im Bundesrat enthalten beziehungsweise kann nicht zustimmen.

Warum wird Fliegen teurer?

Fluggäste müssen sich ab Mai auf höhere Ticketpreise einstellen. Die Koalition will die Ticketsteuer, die für alle Passagiere anfällt, die von deutschen Flughäfen abheben. Ab Mai beträgt sie je nach Flugdistanz dann 15,53 bis 70,83 Euro pro Fluggast. Zahlen müssen die Aufschläge zwar die Fluggesellschaften, sie können diese aber an die Passagiere weitergeben. Die Bundesregierung erwartet Steuermehreinnahmen von rund 400 Millionen Euro.

Was passiert beim Bürgergeld?

Jobcenter sollen Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate streichen dürfen, wenn die Betroffenen zumutbare Jobs immer wieder verweigern. Das soll den Haushaltstitel für Bürgergeld um 150 Millionen Euro entlasten. Verbesserungen bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten vor allem aus der Ukraine durch einen "Jobturbo" sollen zu geringeren Ausgaben in Höhe von 500 Millionen führen.

Wo gibt es weitere Kürzungen?

Bereits im vergangenen Jahr ist die staatliche Förderung für Elektroautos ausgelaufen, deutlich früher als zunächst geplant. Gekürzt wird außerdem beim Radverkehr, so entfällt ein Förderprogramm für Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen. Gespart werden soll außerdem bei der Entwicklungszusammenarbeit sowie bei Zuschüssen für Trassenpreisen - diese werden für alle Bahnunternehmen fällig, die Verkehre über die Schiene abwickeln.

Warum gibt es mehr Geld für den Bau?

Ein Förderprogramm mit Volumen von einer Milliarde Euro soll den Bau kleiner und bezahlbarer Wohnungen unterstützen, wie sie etwa Alleinerziehende und Senioren benötigen. Das Programm ist bis 2034 gestreckt. Die Förderung soll in Form einer Zinsverbilligung erfolgen. Die Mieten sollen im unteren Drittel des Mietspiegels liegen. Der Bausektor steckt unter anderem wegen gestiegener Zinsen in der Krise.

Wie geht es weiter?

Nach den Haushaltsverhandlungen ist vor den Haushaltsverhandlungen: Es laufen bereits Gespräche für den Etat 2025. Für die Koalition dürfte es wieder nicht einfach werden, denn allein im Kernhaushalt klafft erneut eine Lücke im unteren zweistelligen Milliardenbereich.

Umstritten ist auch, ob und wann die Koalition ihr Versprechen wahr macht, ein Klimageld einzuführen. Damit sollte eigentlich die Mehrbelastung durch einen steigenden CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien ausgeglichen werden. Jeder Bürger sollte Geld vom Staat zurückbekommen. Doch das würde Milliarden kosten./tam/DP/zb

Kommentare (0) ... diskutiere mit.
Werbung

Handeln Sie Aktien bei SMARTBROKER+ für 0 Euro!* Profitieren Sie von kostenloser Depotführung, Zugriff auf 29 deutsche und internationale Börsenplätze und unschlagbar günstigen Konditionen – alles in einer innovativen, brandneuen App. Jetzt zu SMARTBROKER+ wechseln und durchstarten!

*Ab 500 EUR Ordervolumen über gettex. Zzgl. marktüblicher Spreads und Zuwendungen.

k.A. k.A. k.A. k.A.
k.A. k.A. k.A. k.A.
k.A. k.A. k.A. k.A.
News-Kommentare
Thema
1 Nach Reformen: Argentinien kehrt an den Finanzmarkt zurück Hauptdiskussion
2 ROUNDUP: Linke ebnet Weg zur Verabschiedung des Rentenpakets Hauptdiskussion
3 EU einig über Komplettverzicht auf Gas aus Russland Hauptdiskussion
4 Moskau erklärt Pokrowsk für erobert Hauptdiskussion
5 Trump hat sich für neuen Fed-Chef entschieden Hauptdiskussion
6 Deutschland und Polen wollen Partnerschaft vertiefen Hauptdiskussion
7 Viele Verbraucher können Phishing-Mails nicht sicher erkennen Hauptdiskussion
Alle Diskussionen
Schreib den ersten Kommentar!

Dis­clai­mer: Die hier an­ge­bo­te­nen Bei­trä­ge die­nen aus­schließ­lich der In­for­ma­t­ion und stel­len kei­ne Kauf- bzw. Ver­kaufs­em­pfeh­lung­en dar. Sie sind we­der ex­pli­zit noch im­pli­zit als Zu­sich­er­ung ei­ner be­stim­mt­en Kurs­ent­wick­lung der ge­nan­nt­en Fi­nanz­in­stru­men­te oder als Handl­ungs­auf­for­der­ung zu ver­steh­en. Der Er­werb von Wert­pa­pier­en birgt Ri­si­ken, die zum To­tal­ver­lust des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals füh­ren kön­nen. Die In­for­ma­tion­en er­setz­en kei­ne, auf die in­di­vi­du­el­len Be­dür­fnis­se aus­ge­rich­te­te, fach­kun­di­ge An­la­ge­be­ra­tung. Ei­ne Haf­tung oder Ga­ran­tie für die Ak­tu­ali­tät, Rich­tig­keit, An­ge­mes­sen­heit und Vol­lständ­ig­keit der zur Ver­fü­gung ge­stel­lt­en In­for­ma­tion­en so­wie für Ver­mö­gens­schä­den wird we­der aus­drück­lich noch stil­lschwei­gend über­nom­men. Die Mar­kets In­side Me­dia GmbH hat auf die ver­öf­fent­lich­ten In­hal­te kei­ner­lei Ein­fluss und vor Ver­öf­fent­lich­ung der Bei­trä­ge kei­ne Ken­nt­nis über In­halt und Ge­gen­stand die­ser. Die Ver­öf­fent­lich­ung der na­ment­lich ge­kenn­zeich­net­en Bei­trä­ge er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich durch Au­tor­en wie z.B. Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­richt­en­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men. In­fol­ge­des­sen kön­nen die In­hal­te der Bei­trä­ge auch nicht von An­la­ge­in­te­res­sen der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und/oder sei­nen Mit­ar­bei­tern oder Or­ga­nen be­stim­mt sein. Die Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­rich­ten­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men ge­hör­en nicht der Re­dak­tion der Mar­kets In­side Me­dia GmbH an. Ihre Mei­nung­en spie­geln nicht not­wen­di­ger­wei­se die Mei­nung­en und Auf­fas­sung­en der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und de­ren Mit­ar­bei­ter wie­der. Aus­führ­lich­er Dis­clai­mer