Produktionsstopp und Stellenabbau: Ein drastischer Kurswechsel

Mit einer alarmierenden Nachricht rüttelte der norwegische Wasserstoff-Spezialist Nel ASA Mitte der Woche die Branche auf: Aufgrund eines stagnierenden Marktes und ausbleibender Aufträge wird die Produktion in einem norwegischen Werk vorübergehend eingestellt. Zusätzlich soll die Belegschaft an diesem Standort reduziert werden. CEO Håkon Volldal kommentierte die Entscheidung mit deutlichen Worten: „Der Markt für erneuerbaren Wasserstoff entwickelt sich langsamer als erwartet.“ Insbesondere die Jahre 2023 und 2024 blieben hinter den ambitionierten Erwartungen zurück, was zu Verzögerungen und möglichen Stornierungen bei Kundenprojekten führte.

Die temporäre Schließung markiert eine Zäsur für Nel, das als Vorreiter bei Elektrolyseuren gilt – einer Schlüsseltechnologie zur Produktion von grünem Wasserstoff. Doch der Traum von einer boomenden Wasserstoffwirtschaft scheint aktuell in weiter Ferne zu liegen.

Die Herausforderungen der Wasserstoffbranche

Nel steht mit seinen Problemen nicht allein da. Weltweit kämpfen Unternehmen der Wasserstoffwirtschaft mit schleppender Nachfrage und einer unzureichenden Infrastruktur. Während Regierungen Milliarden in nationale Wasserstoffstrategien investieren, lassen konkrete Projekte und industrielle Anwendungen auf sich warten. Erschwerend kommen steigende Rohstoff- und Energiekosten hinzu, die auf die Margen drücken.

Für Nel ist die Situation besonders bitter: In Erwartung eines Booms hatte der Konzern massiv in Kapazitätserweiterungen investiert. Jetzt drohen diese Investitionen zur Belastung zu werden. Die Börse reagierte prompt: Die Aktie des Unternehmens fiel auf ein neues Jahrestief. Analysten sehen die Entwicklung kritisch – insbesondere das Finanzinstitut DNB senkte das Kursziel auf nur noch 1,5 NOK (0,13 Euro) und bekräftigte seine Verkaufsempfehlung. Auch SEB schloss sich dieser Einschätzung an.

Strategischer Neustart oder Abwärtsspirale?

Angesichts der Krise setzt Nel ASA auf interne Optimierung und Kostenreduktion. Der Konzern plant, die Investitionsausgaben bis 2025 zu halbieren und sich stärker an der Marktnachfrage zu orientieren. Analyst Yoann Charenton von Bernstein sieht darin zumindest einen Hoffnungsschimmer: Nel scheine entschlossen, finanziellen Druck mit strategischen Anpassungen entgegenzuwirken. Sein Kursziel: 7 NOK (0,60 Euro). Doch die Stimmung der übrigen Analysten bleibt skeptisch. Von den 18 Experten, die sich mit der Aktie beschäftigen, empfiehlt keiner mehr einen Kauf. Elf raten zum Halten, sieben zum Verkauf.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob Nel sich aus dieser schwierigen Lage befreien kann. Ohne neue Großaufträge drohen weitere Einschnitte – ein düsteres Szenario für einen einstigen Vorreiter in der grünen Energiewirtschaft.